Beas Welt

Die Küste der Krabben

Zu einem Trip an der Pazifikküste von Oregon gehören selbst gefangene Dungeness Crabs, Strandspaziergänge und ein wilder Ritt durch die Sanddünen

Auch Sandtöffs kann man mieten

Rasantes Vergnügen: Sandbuggys kann man mieten

Bob, der Sandbuggy-Fahrer, schnallt die Passagiere in die Sitze. Die Gurten müssen satt anliegen, ebenso die Skibrille. Nach dem Langsamstart im letzten Flecken Vegetation gibt Bob Gas. Wow, wir sausen runter, die Düne hoch, scharfe Linkskurve, wieder rasant bergab, fast senkrecht hoch. Himmel, die Brille ist nicht dicht und will wegfliegen, die Kapuze der Windjacke hochziehen, festhalten und mit der anderen Hand das Geländer umklammern. Der Fahrer spinnt wohl. Mir wird gleich schlecht, obwohl der Ritt unvergleichlich ist. Andere Verrückte schiessen auf Dünenbobs durch die Sandlandschaft und jauchzen vor Vergnügen. Bob steuert den Buggy ins Tal, dann schräg hinauf, reisst einen Stopp. Eigentlich war man gewarnt: Im kleinen Sandbuggy für maximal zehn Passagiere werde die Fahrt rasant, hiess es bei der Agentur, welche die Höllentouren anbietet. Ein leichtes Frühstück sei empfehlenswert, verriet die Werbebroschüre. Ein paar Minuten bleiben Zeit, Fotos zu machen, der Veranstalter empfiehlt Wegwerfkameras, der Sand ist überall. In Mund, Ohren, Nasenlöchern, Schuhen und selbst unter den Kleidern, wie man unter der Dusche merken wird. 30 Minuten dauert der Ritt auf der Wilden Sandmaus. Die Dünen sind spektakulär. Gelblich-weisser Sand in ständig ändernder Formation. Der Pazifik ist noch weit weg.

Achterbahnfahrt im Sand Buggy

Kurzer Fotostopp und Gelegenheit für meinen Magen, sich zu beruhigen

Die Dunes National Recreation Area im Bundesstaat Oregon im Westen der USA verläuft 64 Kilometer entlang der Küste, zwischen Florence im Norden und Coos Bay im Süden. An mehreren Orten kann man Buggys mieten oder Touren buchen. Man darf die riesigen Sandberge aber auch erwandern oder vom Wasser aus bewundern. 30 Flüsse oder Seen gehören zum gigantischen Freizeitpark.

Spektakuläre Aussichten auf dem Küstenhighway 101

Spektakuläre Aussichten auf dem Küstenhighway 101

Nach dem Adrenalinschub in den Dünen scheint das Tempo auf dem zweispurigen Highway ungewohnt langsam, doch schon bald finde ich wieder in den Roadtrip-Modus. Tempomat rein auf den wenigen Abschnitten des Highways 101, der nicht direkt auf den Klippen verläuft. Der Verkehr fliesst spärlich.

Sobald die Strasse wieder direkt dem Meer folgt, funktioniert das Auge als Tempolimit. Schon wieder liegen Felsbrocken fotogen im Ozean. Das taten sie auch 20 Kilometer vorher, aber die Natur hatte die steinernen Giganten anders drapiert. Also anhalten, knipsen.

Wieder liegt ein Felsbrocken dekorativ im Meer

Wieder liegt ein Felsbrocken dekorativ im Meer

Nichts trübt den Blick auf den Pazifik, ausser der Nebel, der sich im Sommer oft bis Mittag hält. Keine Hotelburg, keine gestreiften Sonnenschirme in Reih und Glied, keine Millionärsvilla oder lärmige Strandbar: Was zwischen Ufer und erster Vegetationslinie liegt, bleibt öffentlicher Grund. Vor 100 Jahren trat das Gesetz in Kraft, das der damalige Gouverneur von Oregon vorgeschlagen hatte, um den freien Zugang zum Strand für alle Bewohner zu garantieren. Gouverneur Oswald West bezeichnete allerdings nur das Land bis zur Flutlinie als Strand. Das bewog einen Hotelier in den 60ern dazu, Spaziergänger vom Gelände direkt vor seinem Motel wegen «unbefugten Betretens» fortzuschicken. Das eigenmächtige Verbot führte zu einem Aufschrei der Empörung in der Bevölkerung – und einer langen, erbittert geführten Parlamentsdebatte um eine Revision des Gesetzes, das nun alles Land bis zur Vegetationslinie als «öffentlichen Grund» definiert.

Strandspaziergänge sind ein Muss auf diesem Roadtrip

Strandspaziergänge sind ein Muss auf diesem Roadtrip

Der Strandbummel frühmorgens oder abends im Licht der untergehenden Sonne, zusammen mit Hundebesitzern, Muschelsuchern und Drachenfliegern, wird zum täglichen Ritual dieses Roadtrips. Es bleibt Zeit. Die 584 Kilometer zwischen Astoria an der Grenze zu Washington und Brookings, dem letzten Ort vor Kalifornien, lassen viele kleine Etappen zu. Unterkunft gibt es alle paar Dutzend Kilometer in einem der Dörfer oder Kleinstädte an der Route, kulinarische Genüsse ebenso, von Gourmetrestaurants bis Fast Food ist alles zu haben.

Der Leuchtturm in Cape Blanco

Der Leuchtturm in Cape Blanco

Wer Leuchttürme mag, findet hier elf, darunter den ältesten in Cape Blanco, der den Seeleuten seit 1870 den Weg um den westlichsten Punkt von Oregon weist. Er steht auf einer 80 Meter hohen Klippe. Der Wind bläst hier so heftig, dass er die Brille von der Nase weht. Pat Payton und ihr Mann Jack leisten hier seit zehn Jahren in den Sommermonaten Einsatz als Tour-Guides. Als erfahrene Freiwillige tragen sie ein Goldabzeichen und wissen alles über den Leuchtturm, seine Geschichte und die Bewohner. Inzwischen sind alle Leuchttürme automatisiert und kommen ohne Personal aus. Die Türme stehen unter Heimatschutz, das Wohnhaus des Leuchtturmwärters von Heceta Head Lighthouse dient heute gar als Bed & Breakfast. Vom Parkplatz des Heceta Head State Parks führt ein Fussweg hinauf zum Leuchtturm. Ein kurzer Spaziergang, der sich auf jeden Fall lohnt. Daneben gibt es unzählige weitere Möglichkeiten, sich die Beine zu vertreten. Der 2,5 Kilometer lange Rundweg vom Visitor Center der Cape Perpetua Scenic Area etwa führt über den Devil’s Churn, wo die Wellen in einer schmalen Meerenge hochgeschleudert werden, durch Wald und hinunter zum Strand. Anspruchsvoller ist der 10,4 Kilometer lange Cooks-Ridge-Rundweg im Siuslaw State Forest, der 244 Meter hinauf auf die Krete führt.

Vor allem in den State Parks, von denen es an der Küste Oregons Hunderte gibt, findet man kurze oder längere Wanderwege. Viele der Parks sind nur tagsüber geöffnet, in den Dünen ist es ratsam, angesichts der erschwerten Wanderbedingungen im tiefen Sand genügend Zeit für die Rückkehr einzuplanen.

Bandon Crossing, einer der vielen Golfplätze entlang der Küste von Oregon Coast

Bandon Crossing, einer der vielen Golfplätze entlang der Küste von Oregon Coast

Auch Golfer finden hier ein Paradies. Das Bandon Dunes Golf Resort mit fünf Plätzen wurde vom «US Golf Digest» 2011 auf Platz 1 der besten Golf-Resorts in Nordamerika gesetzt, vor dem langjährigen Leader Pebble Beach in Kalifornien. Da die Green Fee von 280 Dollar in der Hauptsaison weit über unserem Budget liegt, spielen wir auf Bandon Crossing, einem abwechslungsreichen, gepflegten Platz für 75 Dollar. Das ist bereits am oberen Ende der Skala für die unzähligen Plätze an der Küste, die ohne das preistreibende magische Wort Resort im Namen auskommen.

Beim Crabbing wird man nass – und am Ende mit seinem Fang belohnt

Beim Crabbing wird man nass – und am Ende mit seinem Fang belohnt

Zu einer Reise auf dem Küstenhighway gehört mindestens eine Aktivität im, am oder auf dem Wasser. Das Boot, das auf dem Rogue River auch heute noch die Post von Gold Beach nach Agness bringt, hat leider schon abgelegt, und so gehen wir Krabben fischen. Anfänger sind gut beraten, eine Charter-Tour zu buchen. Wir besteigen am frühen Nachmittag in Newport ein Boot, zusammen mit fünf weiteren Passagieren. Der Kutter tuckert hinaus in die Bucht, wo die Dungeness Crabs angeblich nur darauf warten, in unsere Fangkörbe zu schwimmen. Die Krabben sind auf dem Teller bereits mehrfach aufgefallen, sie schmecken grossartig. Für uns gelten die gleichen Fangregeln wie für Berufsfischer: Als Beute gehen nur männliche Tiere durch, die quer über die Schale mindestens 6,25 Inches (15,9 cm) messen. Männchen und Weibchen unterscheiden sich durch die Zeichnung auf der Bauchseite.

Die Fangkörbe mit Fischabfällen als Köder

Die Fangkörbe mit Fischabfällen als Köder

Wir werfen zehn Pots aus, je drei grosse, mit Maschendraht verbundene Metallringe. Eine halbe Stunde später werden die Körbe wieder aus dem Wasser gezogen, eine anstrengende Tätigkeit, bei der man ziemlich nass wird. In manchen sind nur Weibchen und Jungtiere, anfangs messen wir Männchen, die viel zu klein sind. Mit der Zeit bekommt man einen Blick fürs geforderte Mass und nach den ersten paar Schnitten einer Schere auch den richtigen Krabbengriff. Nachdem alle Körbe einmal heraufgeholt wurden, liegen fünf Tiere im Kessel. Wir fahren an eine neue Fangstelle und werfen wieder aus.

Nach zweieinhalb Stunden und zehn Durchgängen lässt sich die Beute sehen: Neun Tiere pro Hobbyfischer werden nach der Rückkehr zum Pier gleich gekocht. Das Festmahl mit selbst gefangenen Dungeness Crabs geht dann an einem hübschen Plätzchen am Strand in Szene. Als Dessert folgt ein traumhafter Sonnenuntergang. Zum Glück wartet keine Buggytour durch die Dünen.

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Krabbenfang, Dünentouren, Golf spielen und ein Shakespeare-Festival

Von Portland aus fährt man entweder auf dem Highway 30 entlang des Columbia River 158 Kilometer nach Astoria, dem nördlichsten Ort der Route, oder über die Interstate rund 5500 Kilometer nach Ashland nahe der Grenze zu Kalifornien, je nachdem, in welcher Richtung man den Highway 101 befahren will.

Unterkunft Es gibt genügend Motels an der Route.

Informationen: www.visittheoregoncoast.com

Sehenswertes an der Route

– Ashland ist ein hübsches Städtchen mit einem Shakespeare-Festival, das als grösstes Theaterfestival der USA gilt.
www.osfashland.org

– Von Ashland aus führt der Highway US 199 über Grants Pass an die Küste. Die 223 Kilometer lange Strecke führt teilweise durch den Jedediah Smith Redwood State Park in Kalifornien, allemal einen Stopp wert. Highway US 197 bringt einen nach Brookings in Oregon.

– Zwischen Astoria und Brookings liegt manches hübsche Städtchen, z. B. Bandon, Florence, Newport und Cannon Beach.

Aktivitäten

– Crabbing: Es gibt in vielen Städtchen Anbieter, z. B. Tradewinds in Newport, www.newporttradewinds.com.

Auslaufzeiten sind von den Gezeiten abhängig, Preis ca. 44 US-Dollar plus 11.50 Lizenz (drei Tage gültig).

– Dünen-Tour: Diverse Anbieter in den drei Orten Coos Bay, Winchester Bay und Florence, www.duneguide.com

– Golf: Auf www.golforegon.com findet man Karten, Platzbeschreibungen und ein Tee-Time-Reservationstool.

Allg. Infos
www.visittheoregoncoast.com
www.traveloregon.de
www.discoveramerica.com

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