Beas Welt

Wie man sich bettet …

Wie man sich bettet, so liegt man: Airbnb und House Sitting sind gute Alternativen zu Backpacker-Unterkünften oder Hotels – wenn man mal weiss, wonach man eigentlich sucht. Meine Zwischenbilanz nach sechs Monaten on the road, erstellt im Herbst 2013.

 

 

Die Tür zur gebuchten Unterkunft ist verschlossen. Der Schlüssel liegt drin. Abgemacht war, dass der Vormieter die Tür offen lässt. Der Besitzer der Wohnung in Hobart, die ich die nächsten sieben Tage bewohnen werde, ist unterwegs in einem anderen australischen Bundesstaat. Zum Glück reagiert Robert sofort auf mein SMS. Sein Nachbar komme in zwei Stunden nach Hause und könne mich reinlassen. Kein Problem, sage ich, dann gehe ich in der Zwischenzeit einkaufen.

 

Doch als die Tür endlich offen ist, verfliegt meine No-problem-Laune: Offensichtlich konnte auch die Putzmannschaft nicht in die Wohnung. Der Nachbar hat schnell das Bad geputzt und das Bett bezogen. Und später bringt er Toilettenpapier. Da war nämlich keines. Dafür liegt im Kühlschrank halb verrottetes Gemüse vom Vormieter und im Spülbecken stapelt sich dreckiges Geschirr.

 

Ein grosses Zimmer mit hübschem Balkon ausserhalb von Salem

Ein grosses Zimmer mit hübschem Balkon ausserhalb von Salem

Ich bin seit einem guten halben Jahr unterwegs, als ich in der tasmanischen Hauptstadt Hobart die erste wirklich unangenehme Erfahrung mit Airbnb mache. Das Unternehmen aus San Francisco bringt Leute mit einem Gästezimmer, einem ausgebauten Souterrain oder auch einem Caravan in der Einfahrt zusammen mit Leuten, die ein Bett für die Nacht oder eine Bleibe für die nächsten paar Wochen suchen.

 

Das funktioniert inzwischen weltweit, doch in den USA ist die Auswahl noch immer am grössten. Hier, wo fast alle Häuser besitzen, sind haufenweise ehemalige Kinderzimmer zu haben oder Einliegerwohnungen, in denen normalerweise die Schwiegermutter logiert, weshalb sie etwa in Seattle als Mother-in-laws bekannt sind. Anderswo heissen sie Grannie flats. Und sie sind genau das, wonach ich inzwischen suche.

 

Angefangen hatte ich meine Suche nach zahlbaren Unterkünften schon in der Schweiz. Ich registrierte mich bei zwei Sites, die Hausbesitzer , die auf Reisen gehen, mit Reisende zusammenbringen, die gern ein paar Wochen sesshaft sind und zum Hund oder zur Katze schauen, wenn sie dafür keine Miete bezahlen müssen. Das kostete je 50 Franken für ein Jahr Mitgliedschaft. Daraus resultierten ein Housesit in Santa Cruz und diverse E-Mail-Korrespondenzen, die aber nicht zu einem Housesit führten, sowie zwei Anfragen von Hausbesitzern, die noch kein Inserat geschaltet hatten. Und ich hätte einen Housesit bekommen, hatte aber keine Nerven, auf die Zusage zu warten und buchte ein Zimmer in einer Wohnung, die professionell gemanagt wird.

 

Bei Sacramento fand ich ein Gartenhaus mit Küche und allem, was man so braucht.

Bei Sacramento fand ich ein Gartenhaus mit Küche und allem, was man so braucht

Das war ein Fehler. Erstens, weil die WG aus Fremden in Vancouver nicht das Gelbe vom Ei war und zweitens, weil ein Housesit eine Referenz generiert. Und je mehr Referenzen, desto eher klappts mit dem nächsten Housesit.

 

Und die Nerven verlieren ist ganz schlecht auf der Suche nach der perfekten Unterkunft. Die ist natürlich für jeden wieder anders. Da die Dauer meiner Reise einzig vom Stand meines Kontos abhängt und der schnell bei Null wäre, wenn ich nicht arbeiten würde, brauche ich Unterkünfte, die neben einem Bett mindestens Tisch und Stuhl sowie gratis Internet bieten. Und ein privates Badezimmer.

 

Die erste Airbnb-Unterkunft hatte ich auf Vancouver Island gebucht, im schmucken Städtchen Victoria. Das junge Paar, das sein kleineres Schlafzimmer vermietet, war zwar sehr nett, aber die Verhältnisse waren dermassen beengt, dass ich ständig das Gefühl hatte, zu stören. Und ich etablierte Punkt 1 meiner persönlichen Not-to-do-list: Teile das Badezimmer nicht. Oder höchstens für eine Nacht.

 

Nur eine Nacht bleibe ich aber selten an einem Ort. Meist suche ich mir Unterkünfte für mindestens zwei Wochen, nach einem guten halben Jahr auf Achse sind es derzeit wenn möglich ein bis drei Monate. Nomadisieren ist anstrengend, und wenn man immer irgendwo ist, wo man noch nie war, reichen zwei Wochen nicht aus, um sich mit der Gegend vertraut zu machen und trotzdem noch lange genug vor dem Computer zu sitzen, um mehr als nur das Nötigste zu arbeiten.

 

In Sansta Cruz hütete ich die Katze. Allerdings war sie so krank, dass sie starb, während ihre Besitzerin in Alaska herumreiste

In Santa Cruz hütete ich die Katze. Allerdings war sie so krank, dass sie starb, während ihre Besitzerin in Alaska herumreiste

Anders als bei Housesits, bei denen die Destination durch das zu hütende Haus vorgegeben ist – was mich fünf Wochen lang nach Santa Cruz brachte, wo ich normalerweise kaum hängengeblieben wäre –, sucht man auf Airbnb normalerweise nach Destination. Man kann auch nach County oder Region suchen, oder gleich im ganzen Bundesstaat.

 

Anfangs hatte ich noch konkret in Städten gesucht, also in Seattle, in Salem, in San Francisco. Inzwischen suche ich weiträumiger, denn da ich ein Mietauto habe, ist es egal, ob ich mitten in der Stadt oder etwas ausserhalb wohne. So ganz egal ist es allerding nicht: In San Diego landete ich in einem Ort 40 Autominuten ausserhalb der Stadt und in einem Quartier, das Vorbild für die Wisteria Lane aus «Desperate Housewives» sein könnte. Kein Wunder, wurden die desparat.

 

So viel Suburbia muss nicht sein, und eine Bar, die nach dem Kino noch auf hat, wär ganz nett. Nach sechs Wochen zog ich um in eine Suite mit Schlafzimmer, Bad und Wohnküche in Downtown San Diego. Meine Gastgeberin in Suburbia liess mich glücklicherweise vorzeitig aus dem Vertrag, was aber bei langfristigen Mietverhältnissen erst ab 28 Tagen geht. Beigetragen zu meinem Unwohlsein in Suburbia hatte der Umstand, dass ich bei meiner Gastgeberin – einer Gesundheitsberaterin und Koch-Instruktorin, bei der nur zu Schulungszwecken gekocht wurde, und zwar immer dasselbe – die Küche nur zum Kaffee kochen oder Müsli anrühren benutzen durfte.

 

Das führte zu Punkt 2 auf meiner Not-to-do-list: Miete keine Unterkunft ohne Kochmöglichkeit, und wenn es nur eine Mikrowelle ist. Abgesehen davon, dass Auswärtsessen teurer ist als selber kochen, habe ich manchmal einfach Lust auf meine Salatsauce und will auch nicht jeden Abend raus. Und ich koche gern. Weshalb ich inzwischen mit einem Sieb, Salatschüssel und -besteck, einem Zapfenzieher, Rüstbrett samt Messer sowie Plastikbehältern in diversen Grössen von Ort zu Ort ziehe. Dinge, die oft fehlen und auch als Picknick-Utensilien Sinn machen. Wenn ich den Mietwagen abgebe, weil ich woanders hinfliege, wird’s halt wieder verschenkt.

 

Meine Housesit-Sites geben im Moment nicht viel her. Als jemand für sechs Wochen einen Babysitter für zwei Hunde, eine Katze und eine unbestimmte Anzahl Fische suchte, hab ich mich beworben, aber nie mehr etwas gehört. Dafür hat sich jemand gemeldet, der für September auf der kleinen Hawaii-Insel Molokai einen Hundesitter braucht. Das Foto zeigt einen Pool mit Blick aufs Meer. Wär natürlich toll, ist aber nur für zwei Wochen. Was ich an Mietkosten spare, geht für den Flug drauf. Anderseits wollte ich noch einmal nach Hawaii, nachdem ich letzten Herbst drei Wochen auf Big Island war. Aber dummerweise hats auf Hawaii sehr wenig Airbnb-Hosts und noch weniger Leute, die einen Housesitter suchen – wer geht schon weg aus dem Ferienparadies.

 

Mal schauen, was daraus wird. In den nächsten zwei Monaten bin ich sesshaft. Und ich werde erst eine Woche vor der Abreise nach etwas Neuem Ausschau halten. Denn, Punkt 3 auf meiner Not-To-Do-List heisst: Miete nichts aus Angst, du könntest nichts finden. Korrespondiert mit Punkt 1 auf der To-Do-List: Lerne auszuhalten, dass die Zukunft auch ungeplant passiert. Ich bin mindestens zweimal zu früh weitergezogen, weil ich kurz nach der Ankunft schon den nächsten Etappenort reserviert hatte. Und mir ging mindestens einmal ein Housesit durch die Lappen, weil ich das Warten nicht ausgehalten habe, obwohl es um eine Unterkunft ging, die ich erst in drei Monaten bezogen hätte.

 

Und wenn mal nichts Gescheites zu finden ist auf die Schnelle: Über die Monate habe ich ein paarmal in billigen Motels genächtigt, in denen ich auch prima arbeiten konnte. Zu einem Preis, der nicht teurer war als ein Airbnb, das meinen Vorstellungen entspricht. Ohne Küche zwar, aber für ein paar Tage kann ich auch drauf verzichten. Denn Punkt 2 auf der To-Do-List besagt: Sei flexibel, nicht jede Regel muss jederzeit zur Anwendung kommen.

 

Was mich zu Punkt 3 dieser Liste bringt: Miete nur Airbnb-Unterkünfte, deren Annullierungsbedingungen flexibel sind. Denn es kann ja immer etwas dazwischen kommen. Ein Housesit, beispielsweise, die absolut perfekte Airbnb-Unterkunft völlig woanders. Oder die Liebe.

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